Systematische Aufrüstung im Kennenlern-Prozess

Es spricht viel dafür, unternehmensseitig auf Stressinterviews zu setzen im Kennenlernprozess:

Man sieht, wie jemand „unter Stress reagiert“, er kann einem da nichts vormachen, nichts wohlklingend zurechgeschneidertes von sich erzählen, was dann „auf Arbeit“ deutlich anders bei ihm darstellt. Außerdem ist man in der Angreifer-Position so schön unangreifbar („Angriff ist die beste Verteidigung!“), sonst stellt der nicht-eingeschüchterte Bewerber vielleicht noch unangenehme Rückfragen.

Ja, und auch systematisch: In einer Situation strukturellen Misstrauens, in der man sich Las-Vegas-Mäßig nach 2-3 Gesprächen wechselseitig die Pistole auf die Brust setzt und sich im Zustand des Volltrunkenheit fragt: „Wollen wir heiraten?“ –  OHNE vorherige Kennenlern-Phase, OHNE vorher mal zusammen Urlaub gemacht zu haben, OHNE vorher zusammen gezogen zu sein, ja, ohne vorher auch überhaupt nur mal was miteinander unternommen zu haben…

…da ist Misstrauen eben einfach ganz rational: Es ist angebracht!

Bei der Sache gibt es nur ein Problem:

Man kann sich auf sie vorbereiten. Und man wird sich auf sie vorbereiten. – Genau so, wie es jener Unilever-Mitarbeiter gegen Ende des Films „Augenhöhe“ wunderbar nachvollziehbar macht (ca ab min 42:00).

Spannend ist nun, was passiert, wenn „Unternehmen systematisch abrüsten“, wenn Sie on purpose allen Stress aus dem Kennenlern-Gespräch rausnehmen:

Dann nämlich erzählen Ihnen die Menschen, die vielleicht morgen schon Ihre Mitunternehmer sind, die allerschönsten Dinge „aus Ihrem Leben“.

Das könnte man nun ganz strategisch angehen: Als weitere Waffe im Arsenal des Krieges von Unternehmen gegen ihre Mitmenschen.

So nach der Marschroute: „Ich werd mal ganz vertraulich – Mal sehen, was dieses smart-ass mir DANN von sich erzählt…“

Man KÖNNTE es natürlich auch tun, um den anderen einfach wirklich kennen zu lernen…

…nur gibt es DANN ein unkalkulierbares Risiko, das man wohl vernünftigerweise kaum vor sich vertreten kann:

Jener Mensch, der schon morgen einer meiner Mitunternehmer sein könnte, könnte dann auf die Idee kommen, auch UNSER UNTERNEHMEN ERNSTHAFT KENNEN LERNEN ZU WOLLEN!!!

…und da sei Gott vor.

Oder eben ersatzweise das „Stress-Interview“…